Mönchengladbach, 19.01.2021

Oft sprechen wir beim Healthy Building Network von gesundem Bauen, doch anders als viele vielleicht meinen, sind damit nicht nur Neubauten gemeint. Denn Bauen im Bestand ist ein wesentlicher Faktor, mit dem vieles auf dem Weg zu einem gesunden Gebäude realisiert werden kann. Aber auch Mischformen sind immer wieder anzutreffen, wie unser heutiges Beispiel zeigt.

Genau ein Jahr ist es nun her, dass Joachim Kamphausen vom Lenßenhof in Mönchengladbach-Odenkirchen, seinen Bioland-zertifizierten Hof renoviert und erweitert hat. Während das Wohnhaus saniert wurde, wurden Hofladen, Lager und Stallungen durch Anbauten vergrößert.

Die wichtigsten Eckdaten der Baumaßnahmen haben wir hier für Sie zusammengefasst:

Nachhaltige Fassadensanierung & -dämmung

Dabei wurden alle Gebäude mit einer recycelten Backsteinfassade saniert bzw. ausgestattet, als Dämmstoff wurde eine Perlite-Dämmung gewählt. Bei Perlit handelt es sich um natürlich vorkommendes Vulkangestein, das zu feinem Mehl zermahlen und anschließend so hoch erhitzt wird, dass das darin enthaltende Wasser verdampft. Übrig bleibt ein körniges Granulat, das sich auf das zehn- bis zwanzigfache seines ursprünglichen Volumens aufgebläht hat. Das Material ist auch unter dem Namen Vulkanglas bekannt und kann lose als Schüttdämmung oder auch als Platten verwendet werden. Da es von Natur aus alkalisch ist, ist es resistent gegenüber Schimmel.

Dachbegrünung

Das Dach des neugebauten Hofladens und der neugebauten Lagerhalle und Stallung hat Kamphausen vollständig begrünt: Die Flachdachkonstruktion für den Aufbau der Begrünung ist fast zu 100% mit ökologischen Materialien umgesetzt. Die extensive, das heißt sich weitgehend selbst erhaltende und sich weiterentwickelnde, Bepflanzung hat er selbst gesetzt. Auch wenn die Anschaffungskosten hier teurer als bei einem konventionellen Dach sind, überwiegen für ihn die Vorteile. Nicht nur, dass ein so ausgerüstetes Flachdach quasi ewig hält, es hat hohe Kühleffekte im Sommer, dämmt im Winter und dient Bienen und anderen Insekten als Nahrungsquelle.

Lehmverputzte Innenwände

Die Innenräume von Wohnhaus und Hofladen wurden mit Lehm verputzt. Als Baustoff verbessert er nachweislich das Innenraumklima, in dem er die Luftfeuchtigkeit auf natürliche Weise reguliert. Daneben speichert er Wärme und wirkt auch schalldämpfend. Alles in allem erfüllt er wie kein anderer Baustoff höchste ökologische und baubiologische Anforderungen und ist praktisch beliebig oft wiederverwendbar.

Nachhaltige Stromgewinnung

Eine Solaranlage mit einer Gesamtkollektorfläche von 12 m² auf dem Scheunendach erwärmt das Wasser eines 750l Wasserspeichers. Daneben liefert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der Feldscheune bereits seit Ende 2011 nachhaltig erzeugten Strom. 65% davon werden inzwischen direkt im Betrieb verbraucht, der Rest ins örtliche Stromnetz eingespeist. Diese Anlage stammt von einem europäischen Hersteller, der polykristalline Zellen eingebaut hat. Diese sind frei von Schwermetall und recyclebar.

Nachhaltige Wärmegewinnung

Geheizt wird mit einer zentralen High-Tech-Holzvergaserheizung, die mit heimischem Holz bestückt wird. Die entstehende Asche dient dann wiederum als Dünger, der auf dem Hof zum Einsatz kommt. Kombiniert wird die effiziente Heizung mir einer konventionellen, welche allerdings nur als Notfalllösung gedacht ist, sollte der Holzvergaser einmal ausfallen.

Pflanzenkläranlage

Über ein Dreikammersystem wird das gesamte Abwasser des Hofes geklärt: in einem ausklügelten System, das keine Pumpen benötigt und nur über zunehmende Gefälle funktioniert, wird das Wasser an letzter Stelle in einem mit dicker Kiesschicht gefüllten letzten Becken, gefiltert. Diese Schicht ist vom stark ausgeprägten Wurzelnetz der hier gepflanzten Binsen durchsetzt, welche die letzte Filterfunktion übernimmt bevor das Wasser anschließend im Erdreich verrieselt. Die Feststoffe aus erster Kammer werden alle zwei Jahre abgepumpt und über ein Abfallunternehmen entsorgt. Die Anlage ist seit 10 Jahren in Betrieb, alle nötigen Grenzwerte werden mit Leichtigkeit eingehalten, auch bei beispielsweise größerer Belastung durch höhere Abwasserproduktion (z. B. bei Hoffesten).

Wie Sie sehen ist so einiges möglich! Und ja, manche Maßnahmen sind tatsächlich (zunächst) etwas aufwendiger, zeit- oder kostspieliger, doch zahlen sie sich letzten Endes aus. Davon ist auch Joachim Kamphausen überzeugt. Denn nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch ökonomische Vorteile durch bspw. langfristige Kosteneinsparungen sind die Folge, womit sich letzten Endes alle Punkte rechnen.

Fotos: Barbara Schwinges & Lenßenhof Mönchengladbach

Quellen:

Dachverband Lehm e. V. (o. D.). Der Stoff, auf den wir bauen, https://www.dachverband-lehm.de/lehmbau/.

Frahm, T. (2020). Dämmstoffe – die Perlite Dämmung, https://www.daemmen-und-sanieren.de/daemmung/daemmstoffe/perlite.

Grimm, R. (2017). Perlite-Dämmplatten: Eigenschaften und Einsatzbereiche, https://www.baustoffwissen.de/baustoffe/baustoffknowhow/daemmstoffe/perlite-daemmplatten-definition-eigenschaften-einsatzbereiche-innendaemmung-schimmelpilzsanierung/